Pflichtteil: Berechnung des Wertes des Nachlasses

Grundsätzliches

Für die Berechnung des Pflichtteils ist der Wert des Netto-Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls zugrunde zu legen, § 2311 BGB. Zur Ermittlung des Netto-Nachlasses ist das der Wert der Passiva von der Summe der Werte der Aktiva abzuziehen. Maßgeblich ist der gemeine Wert, also der Verkaufswert (nicht dagegen der Buchwert oder der steuerliche Einheitswert).

Aktiva

Zu den Aktiva gehören alle Vermögensgegenstände des Erblassers, welche nicht mit dem Tod erlöschen und nicht "außerhalb des Nachlasses" übergehen. 

Nachlassgegenstand

Bewertung

Immobilie

Verkehrswert wird durch Sachverständigengutachten ermittelt

Forderung gegen Bank

Saldo per Todestag

Schmuck

Sachverständigengutachten

Gold

Kurs per Todestag

Börsennotierte Wertpapiere

Kurs per Todestag

Anteil an einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft

Verkehrswert ermittelt durch Sachverständigengutachten (i.d.R. Ertragswertverfahren)

Anteile einzelkaufmännisches Unternehmen

Verkehrswert ermittelt durch Sachverständigengutachten (i.d.R. Ertragswertverfahren)

Anwaltskanzlei, Arztpraxis, Steuerkanzlei

Verkehrswert ermittelt durch Sachverständigengutachten (i.d.R. Ertragswertverfahren)

Lebensversicherungen (ohne Begünstigung auf den Tod; bei Begünstigung auf den Tod unter Umständen Pflichtteilsergänzungsanspruch).

Rückkaufwert

Nicht bei den Aktiva anzusetzen sind

  • das Sondervermögen des Erblassers (z.B. Vermögen, dass an einen Nacherben herauszugeben ist),
  • das Vermögen des überlebenden Ehegatten (z.B der vom Ehegatten aus eigenen Mitteln angeschaffte Hausrat),
  • Rechte, die mit dem Tod des Erblassers erlöschen (z.B. lebenslanger Nießbrauch, persönliche Dienstbarkeit, persönliches Wohnrecht),
  • Vermögensgegenstände, die „außerhalb des Nachlasses“ auf Dritte übergeben (z.B. Todesfallleistung einer Lebensversicherungen, Begünstigung aus einem Bankvertrag auf den Tod). 

Bei einem gemeinschaftlichen Konto ist zu ermitteln, wer wirtschaftlich Berechtigter war.

Hinweis: Kann dies nicht ermittelt werden, ist anzunehmen, dass jeder zu 1/2 berechtigt war, § 420 BGB. 

Unsichere Rechte und Verbindlichkeiten bleiben bis zur Klärung außer Ansatz (sind aber im Bestandsverzeichnis aufzuführen), § 2313 BGB. 

Lebzeitige Zuwendungen (z.B. Schenkungen) des Erblassers sind im Rahmen des "ordentlichen Pflichtteils" nach § 2303 BGB nicht hinzuzurechnen.

Hinweis: Die lebzeitigen Zuwendungen werden allerdings bei der Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach § 2325 BGB berücksichtigt.

Passiva

Zu den Passiva gehören zunächst

  • Erblasserverbindlichkeiten und
  • bestimmte Kosten der Nachlassabwicklung (siehe unten). 

Vermächtnisse oder Auflagen werden bei der Ermittlung des Netto-Nachlasses nicht in Abzug gebracht, sondern nach § 2318 BGB gekürzt.

Erblasserverbindlichkeiten

Zu den zu passivierenden Erblasserverbindlichkeiten gehören z.B. 

  • angemessene Bestattungskosten (Trauerkleidung, Leichenschmaus, Grabstein),
  • Darlehensverbindlichkeiten des Erblassers einschließlich der bis zum Todestag angefallenen Zinsen,
  • Kosten ärztlicher Behandlung soweit keine Erstattung durch Dritte (z.B. Krankenversicherung) erfolgt, 
  • Steuerschulden des Erblassers (nicht aber die deutsche Erbschaftsteuer) und
  • Zugewinnausgleichsanspruch des überlebenden Ehegatten (z.B. wenn dieser die Erbschaft ausgeschlagen hat).

Hinweis: Unsichere Verbindlichkeiten sind nicht zu berücksichtigen, § 2313 BGB. Das gleiche gilt für nicht mehr durchsetzbare Verbindlichkeiten (z.B. verjährte Verbindlichkeiten). Bei Erstattungsanspruch gegen einen Dritten (z.B. Sterbeversicherung) sind die Erblasserbindlichkeiten nicht zu passivieren. 

Kosten der Nachlassabwicklunghttps://www.wf-frank.com/#

Zu passivieren sind unter anderem folgende Kosten der Nachlassabwicklung:

  • Kosten der Erfüllung von Auskunfts- und Wertermittlungansprüchen (z.B. Sachverständiger),
  • Kosten der sachdienlichen Rechtsverfolgung von Nachlassforderungen (z.B. Klage gegen Darlehensschuldner des Erblassers) ,
  • Kosten des Erbscheinsverfahrens, wenn der Pflichtteilsberechtigte ohne berechtigten Anlass dem Antrag entgegengetreten ist und
  • Kosten der Nachlassverwaltung, Nachlasssicherung oder Nachlasspflegschaft,
  • Kosten der Inventarerrichtung,
  • Kosten für die Ermittlung der Nachlassgläubiger,
  • Kosten des Aufgebotsverfahrens.
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